Kanadas Bahnnetz ist im Verhältnis zu seiner riesigen Größe überschaubar und beschränkt sich vor allem auf den Süden und Osten des Landes. Dafür sind die meist historischen Bahnstrecken bezaubernd schön. Sie schlängeln sich durch Wälder, Prärien und Berge – in Gebiete, wo bis heute keine Straßen hinführen. Hier zeige ich euch meine Lieblingsrouten mit dem Zug.
Quer durch die Rockies
Zu Fuße der Rocky Mountains schmiegt sich Jasper an die schneebedeckte Bergkette der kanadischen Rocky Mountains. Hier startet die zweitägige Reise mit Via Rail Canada. Durch die wilden Schluchten und Bergketten des Jasper National Parks führt die Strecke unmittelbar vorbei am höchsten Berg der kanadischen Rockies, dem knapp 4.000 Meter hohen Mount Robson. Auf der Fahrt nach Prince George geht’s vorbei an zahlreichen Seen, Flüssen und Wasserfällen. In der kleinen Stadt macht der Zug über Nacht Halt, eine Übernachtungsgelegenheit müssen sich Reisende in der Stadt suchen. Am nächsten Morgen um acht Uhr geht es weiter gen Westen bis an den Pazifik nach Prince Rupert. Unterwegs sollte man gut Ausschau halten – vielleicht entdeckt man Elche, Wölfe, Bären oder Adler!
FACTS: 3 x die Woche in beide Richtungen
Unterwegs zu den Eisbären
Churchill in Manitobas Norden an der Hudson Bay liegt einsam am Rande der arktischen Tundra. Berühmt ist das 800-Seelen-Dorf für seine Eisbären: Jedes Jahr im Herbst kommen unzählige Eisbären hier vorbei, um über die gefrorene Hudson Bay auf Robbenjagd nach Norden zu wandern. Das Spektakel sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen! Mehr als 900 Eisbären (zeitweise sind mehr Eisbären als Einwohner im Dorf!) lassen sich in dieser Zeit hier blicken.
Nach Churchill führen keine Straßen, ein kleiner Flughafen verbindet die Stadt mit Winnipeg und Nunavut. Der weitaus langsamere, dafür abenteuerlichere Weg ist die Hudson-Bay-Eisenbahn! Zwei komplette Tage tuckert der Zug durch die unberührte Prärie, einmal von Winnipeg in Manitobas Süden bis in seinen äußersten Norden und passiert dabei oftmals First Nations Territory. Unterwegs gibt es nur wenige Stopps, meistens gibt es keine Bahnhöfe und Passagiere werden entlang der Schienen eingesammelt. Der Zug fährt auch die Nacht durch – eine gute Gelegenheit, Polarlichter zu bestaunen!
FACTS: 2 x die Woche in beide Richtungen.
Zusatz: Im Frühjahr 2017 wurde die Bahnstrecke aufgrund heftiger Stürme und Überschwemmungen beschädigt und der Zug verkehrt bis auf weiteres nur bis Thompson. Calm Air Canada (www.calmair.com) hat deswegen in der Touristensaison eine Flugstrecke von Thompson nach Churchill eingerichtet, so muss zur Zeit das letzte Drittel der Strecke mit dem Flugzeug bewältigt werden.
Auf den Spuren von Pu dem Bär
Im beschaulichen Sudbury steht das zweithöchste Gebäude Kanadas, ein schmaler Schornstein so hoch wie das Empire State Building. Hier wohnen viele Franco-Ontarier, die französisch sprechende Bevölkerung Ontarios. Die Tagesfahrt führt von dem Städtchen quer durch tiefe Wälder abseits des Highways gen Nordwesten. Bevor man nach acht Stunden Fahrtzeit White River erreicht, wird noch ein Halt in Chapleau eingelegt, wo sich das größte Naturschutzgebiet der Welt befindet. Tausende Bären und Elche leben hier in den Wäldern Zentralontarios. An der Zielhaltestelle in White River kommt der The Lake Superior Express um 17 Uhr an. Das abgeschiedene 600-Einwohner-Örtchen hat eine weltberühmte Persönlichkeit hervorgebracht: 1914 kaufte ein kanadischer Leutnant hier ein mutterloses Schwarzbär-Baby von einem Pelzjäger und brachte es nach London. Dort wurde die als Winnie bekannte Bärendame – benannt nach Winnipeg, der Heimat des Leutnants – zur Inspiration von Alan Alexander Milnes bekanntester literarischer Figur, Winnie-the-Pooh.
FACTS: 3 x die Woche in beide Richtungen,
Alle Routen lassen sich über http://www.viarail.ca/en buchen.
Geheimtipp: Wer plant, in Kanada viel Bahn zu fahren, hat die Auswahl zwischen verschiedenen Monatsticket-Kombinationen. Auch Tickets, die vergleichbar mit dem europäischen Interrail-Programm sind, stehen zur Verfügung.