Toronto ist das Chamäleon der Filmindustrie. Die größte Stadt Kanadas ist für amerikanische Blockbuster gerne wahlweise Chicago oder New York. Toronto kann aber auch für eine Welt in der Zukunft herhalten, oder aber gleich für einen anderen Planeten. Auch schön: Mit etwas Glück können Besucher Regisseuren und Schauspielern bei der Arbeit über die Schulter schauen. Text: Jörg Michel
Action in Toronto
Verfolgungsjagd mit quietschenden Rädern im Finanzviertel: Gepanzerte Polizeiwagen und Feuerwehrtrucks eilen mit Blaulicht zum Einsatzort. Scharfschützen in kugelsicheren Westen springen aus schwarzen Limousinen. Unter ihrem Feuerschutz robben ein paar Sprengstoffexperten in Spezialanzügen in das Gebäude gegenüber. Soweit die Filmszene, wie sie begeisterte Kinozuschauer erleben werden.
Der Ort des dramatischen Einsatzes: das Börsenviertel rund um die Bay Street in der Innenstadt Torontos. Die Filmcrew wartet geduldig bis die echten Passanten vorüberziehen, um dann die nächste Szene des Blockbusters zu drehen. Für die Bürger in Toronto schon ein altbekanntes Spiel.
Dreharbeiten – AlLtag in Toronto
Denn die Film-Metropole Torontos boomt: Nach Los Angeles und New York gilt die Stadt als einer der wichtigsten Standorte der Filmindustrie in Nordamerika. Dank des günstigen Dollars zieht es vor allem US-Studios ins »Hollywood des Nordens«. Immerhin schafft das Filmbusiness auch 30.000 Menschen Arbeitsplätze innerhalb der Branche.
Besucher können an dem Boom teilhaben und mit etwas Glück Regisseuren und Stars bei der Arbeit über die Schultern schauen oder die Spuren der Stars und Sternchen aus Hollywood verfolgen. Auch auf geführte Touren gibt es viel über die Geschichte Torontos als Kinometropole zu lernen. Hier ein paar Tipps für Filmfreaks:
TIFF Lightbox, 350 King Street
Das Kino- und Kulturzentrum gilt als Herz der kanadischen Filmszene. In dem futuristischen Bau mit lichtdurchflutetem Atrium gibt es fünf Kinos mit mehr als 1.500 Plätzen. Die Lightbox ist auch Heimat des Toronto International Filmvestivals (TIFF), dem größten und nach Cannes zweitwichtigsten Film-Festival der Welt. Das TIFF gilt als der große Problelauf vor der Oscar-Vergabe Ende Februar in Los Angeles.
Union Station, 65 Front Street
Der größte Bahnhof Kanadas unweit des CN Towers wurde 1927 eröffnet, steht unter Denkmalschutz und ist bei Regisseuren wegen seiner neoklassizistischen Kollonaden als Kulisse beliebt. Vor ein paar Jahren schlenderte hier Hollywood-Star Richard Gere entlang – im oscargekrönten Musical-Film Chicago. Viele Kinogänger dachten irrtümlich, dass der Film auch in Chicago gedreht wurde – tatsächlich aber war es in Toronto.
Fairmont Royal York Hotel, 100 Front Street
Das historische Gebäude der Fairmont-Kette mit seinen Türmchen, Erkern und Säulen zieht jedes Jahr etwa zwanzig Hollywood-Produktionen an. Hier wurden zum Beispiel Szenen für den Spionagethriller Red mit Bruce Willis oder den Boxsportfilm Das Comeback mit Russell Crowe gedreht. Im Konzertsaal mit seinen riesigen Kronleuchtern schwang Antonio Banderas für den populären Tanzfilm Dance das Tanzbein.
Elgin and Winter Garden Theatre, 189 Yonge Street
Das Kino aus der Zeit um die Jahrhundertwende gilt als eines der ältesten in Nordamerika. Dort wurden einst die ersten Stummfilme gezeigt. Heute ist das Elgin ein populärer Festivalort während des TIFF. Auf einer der Bühnen sangen Richard Gere und Catherine Zeta-Jones einst die Schlussszene in Chicago. Auf der Yonge Street, an der das Kino steht, wurden Teile des Schurkenfilms Suicide Squad mit Will Smith gedreht.
Pinewood Studios, 225 Commissioners Street
Die Hallen auf einem alten Industrieareal am Hafen beherbergen einige der modernsten Studios Nordamerikas. Bestaunen kann man sie nur von außen, weil drinnen stets unter Geheimhaltung gedreht wird. Colin Farrell und Jessica Biel haben hier den Action-Streifen Total Recall gedreht, Guillermo de Torro den Science-Fiction-Film Pacific Rim.