Alle kanadischen Teenies träumten von einer Eishockey-Karriere. Nur in Winnipeg wünschten sich die Jugendlichen keinen Schläger zu Weihnachten, sondern lieber E-Gitarren. Weise Wünsche, denn einige von ihnen wurden zu Weltstars. Wir gehen auf Magical Musical Tour durch die kanadische Musikhauptstadt der 60er: Winnipeg.
Von Gastautorin Marie Tysiak
Ein verschmitztes Lächeln umspielt John Einarsons Mund als er mit Ehrfurcht seine alte Schallplatte von Neil Young vor die Gesichter der neugierigen Musikfans hält, die an der heutigen Magical Musical Tour durch Winnipeg teilnehmen. Was nach einem kitschigen Musik-Event klingt, ist vielmehr eine Zeitreise in die Rock`n´Roll-Ära der Stadt. In die Sechziger, in denen sich John als Teenie in verrauchte Kellerclubs schlich, um seinen großen Idolen Neil Young, Burton Cummings und Randy Bachman zu lauschen.
Magical Musical Tour
Heute, fünfzig Jahre später, ist John Musikhistoriker und Autor und mit den meisten der Musikergrößen aus Winnipeg bekannt. Er trifft den Old-Man-Sänger privat in Kalifornien und bringt ihm dessen Liebingsdonuts aus dem Salisbury House Restaurant aus seiner Heimat Manitoba mit. Neil Young besucht die Stadt nach wie vor regelmäßig – was nicht nur an den Donuts liegen wird – und hat sogar seinen Hund Winnipeg benannt. John erwähnt gerne frech, einmal als Ersatzgitarrist mit Neil Young auf der Bühne gespielt zu haben. Aber das sei lange her, winkt er beiläufig spielend ab.
In genau diesem Fast-Food-Restaurant auf dem Pembina Highway präsentiert eine Glasvitrine am Eingang Musik aus Manitoba. Auch die Magical Musical Tour macht hier Halt. Aus den unzähligen Schwarz-Weiß-Fotografien und alten, teils signierten Gitarren wird schnell klar – Neil Young ist nicht die einzige Musikgröße Kanadas, die der Präriestaat hervorgebracht hat.
Musikalische Hochurg
Obwohl in Manitoba nur drei Prozent der Gesamtbevölkerung Kanadas wohnen, kommt mehr als jeder zehnte Musiker des Landes aus der musikalischen Provinz. Viele ihrer Stimmen und Gesichter kannte in den Sechzigern jeder Kanadier, wie zum Beispiel Bob Nollan, Giselle MacKenzie oder Oscar Brand. Einige von Ihnen wurden Weltstars, wie die Bandmitglieder von The Guess Who und später in den 80ern die Crash Test Dummies. Und der »Father of Grunge« natürlich, Neil Young.
Vor dessen alten Wohnhaus erzählt John die Geschichte, wie einst Bob Dylan den jetzigen Bewohnern des schmuckvollen Holzhauses einen Besuch abstattete. Abends gab der Weltstar aus den USA ein Konzert in der Stadt und nutzte den Tag, um auf den Spuren seines Idols die Stadt zu erkunden.
Deine Spuren von Young
Einige der damaligen Stopps von Bob Dylan wie Neil Youngs Highschool oder auch einige Locations der längst geschlossenen Rock`n´Roll-Clubs aus der Zeit, sind Bestandteil der Tour. Clubs wie The Cellar, Beat Retreat, Blue Note oder Rainbow Dancegarden erwecken Bilder von fetzigen Szene-Kneipen und dunklen Keller-Clubs im Kopf. Nicht selten zeigt John während der Fahrt auf einen Parkplatz und nennt den Club, der hier dem Beton weichen musste.
»They paved paradise and put up a parking lot«, trällert er mit einem Zwinkern den Hit „Big Yellow Taxi“ – aber auch Wehmut in der Stimme.
Aber wer weiß, wohin er muss, findet Spuren der großen Musiker überall in der Stadt verteilt. Und John kennt sie, die Wandgemälde zu Ehren von The Guess Who oder das verstaubte St. Vital Museum, in dem in einer Ecke an der Wand die von Jim Kale gesponserten goldenen Schallplatten hängen (Tipp: Das Museum kann übrigens auch ohne Tour kostenfrei besucht werden. 00 St. Mary’s Road, von Mai bis September samstags 9:30 bis 16 Uhr geöffnet).
Eine musikalische Zeitreise
In einem weißen Mini-Van führt John Einarson die zwanzigköpfige Teilnehmer-Crew, die größtenteils aus Winnipeger Musikfans (die allesamt in den Sechzigern aufgewachsen scheinen) und ein, zwei extra angereister Touristen besteht, leidenschaftlich durch seine Musik-Lieblingsstadt. Auf einem zum Thema authentischen alten Fernseher zeigt er unterwegs Aufnahmen der Stadt und Musiker aus der damaligen Zeit. Viele von den vergilbten Fotografien haben ihm die Musiker eigens zur Verfügung gestellt. Natürlich werden seine Erzählungen immer wieder mit Musik der Künstler untermalt.
Strahlend steigen die Teilnehmer nach drei Stunden Zeitreise am Startpunkt The Forks wieder aus dem Bus. Mit Witz und Wissen hat John es sogar geschafft, die zwanzig Jahre junge Touristin, die zu den Wirkzeiten Bachmans und Youngs ganz bestimmt noch nicht geboren war, mit Nostalgie im Blick ziehen zu lassen. Young sagte einst, »Rock`n´Roll is here to stay.« Wie Recht er in Winnipeg doch hat.
Seit 2012 findet die Tour an ausgewählten Donnerstagabenden und Sonntagvormittagen von Juli bis September statt. Die Tour kann online über Heartland Travel and Tours gebucht werden.