Ein Bild, das als Symbol der voranschreitenden Klimaerwärmung gilt: Der Eisbär auf der dahinschmelzenden Eisscholle, unter strahlender Sonne. Denn wir können es nicht wegwischen, nur weil wir den Anblick nicht alltäglich vor Augen haben: Das ewige Eis gibt es nicht mehr. Es ist endlich. Leider.
In Anbetracht dessen, dass Donald Trump aus dem Pariser Klimaabkommen mir nichts, dir nichts ausgetreten ist, schwindet selbstverständlich auch die Hoffnung auf eine Wende im Strudel des Klimawandels. Doch es ist Fakt: Das Meereis wird immer dünner und brüchiger. Das hat natürlich gravierende Folgen für den Eisbär-Bestand und die Lebensart der Tiere.
Ausdauer ist von Nöten
George Durner vom Alaska Science Center vergleicht die Lage der Eisbären mit einem immer schneller werdenden Laufband. Der Eisbär ist also dazu gezwungen, in Bewegung zu bleiben. Zusätzlich beweisen Forschungen der Universität Wyoming, dass die Tiere zunehmend Energie aufwenden müssen, um die immer größeren Packeis-Distanzen zu überwinden.
Nun sind lange Entfernungen für den Eisbär eigentlich kein Problem, kann er doch 100 Kilometer schwimmen ohne jedes Verschnaufpäuschen an Land. Doch in Anbetracht dessen, dass das Packeis jährlich durchschnittlich um 80.000 Quadratkilometer schrumpft (immerhin die Größe Bayerns), müssen es wahrscheinlich viele 100 Kilometer-Strecken sein.
Das Beuteschema
Praktisch ausgedrückt braucht der Eisbär für diese körperliche Anstrengung mehr Energie und die haben Wissenschaftler mit dem Verzehr von rund drei zusätzlichen Robben im Jahr berechnet. Nun frisst ein Polarbär bereits etwa 70 bis 80 Robben, um sich eine gute Reserve anzufuttern und den Sommer dadurch zu überleben. Was sind da drei Robben mehr?
Doch leider ist die bevorzugte Beute, die Ringelrobbe, für den Bär ohne Eis schwer zu erlegen. Denn im Wasser ist die Robbe dem behäbigen Bär eindeutig überlegen. Er muss das Tier deshalb austricksen, indem er sich mit seinem weißen Fell an Luftlöchern auf dem Eis aufhält und geduldig darauf wartet, dass eine Robbe zum Luft schnappen auftaucht. Angesichts der eben erwähnten Jagdmöglichkeiten (weniger und dünneres Eis), sind drei Robben also keine leicht zu bewältigende Aufgabe für den Eisbär.
Die Population
Schätzungen zufolge gibt es zur Zeit etwa 22.000 bis 31.000 Tiere in 19 getrennten Populationen. Das klingt auf den ersten Blick gar nicht so wenig – wenn wir in Betracht ziehen, wie wenig Nashörner es beispielsweise noch auf dem Planeten gibt. Aber immerhin waren es zu Beginn des Jahrhunderts noch 40 Prozent mehr. Und man schätzt, dass die Zahl der Eisbären in den kommenden Jahren um weitere 30 Prozent zurückgeht.
Doch es gibt auch Hoffnung am Horizont. Jan Aars vom norwegischen Polarinstitut beispielsweise vertritt die These, dass der Eisbär nicht aussterben, sondern sich sein Lebensraum verlagern wird. Jetzt schon sieht man in den Verhaltensweisen, dass der Eisbär lernt, sich bei der Suche nach Nahrung anzupassen.
Eisbären in Manitoba
Ob Churchill in Manitoba an der Hudson Bay bei einer kritischeren Lage für den Polarbär auch weiterhin Sommerexil bleiben wird, ist fraglich. Auf lange Sicht. Heute jedoch ist es so, dass die weißen Riesen sich in die Tundra Manitobas zurückziehen, um das Ende des Polarsommers abzuwarten, bis eben die frostige Kälte beginnt und das Wasser gefriert, damit sie auf das Eis hinaus wandern können, um eben Robben zu suchen.
Dabei haben Besucher von Churchill, das nicht umsonst Hauptstadt der Eisbären genannt wird, das Glück, die Tiere aus der sicheren Entfernung zu beobachten. In den Sommermonaten meist vom Boot aus. Im Herbst gerne in den abgelegenen Lodges oder eben im Tundra Buggy Hotel (Achtung, nur ein paar Tage im Jahr geöffnet) unmittelbarer im Eisbär-Terrain »Wildlife Management Area« genannt . Dort sieht man die Bären durch die Tundra streifen, Pflanzen fressen (das tun sie nicht unbedingt aus der Not, sondern um ihre Verdauung in Gang zu halten) und sich im Schnee ausruhen. Eisschollen erwarten einen dort nicht.
Wenn Wally mit seinen Gästen mit dem Boot die Uferline der Hudson Bay absucht, ist eines fast gewiss: Der Ausflugsteilnehmer wird Eisbären sehen. Meist erholen die sich auf den Felsen und beobachten neugierig das Treiben aus der Ferne. Eine bessere Begleitung als Wally ist kaum möglich, denn er ist Eisbär-Experte und nebenbei Betreiber der urig-schönen Lazy Bear Lodge.
Auf Schritt und Tritt folgt der Expeditionsteilnehmer den Eisbären von den Churchill Wild Lodges aus. Bei Wanderungen durch die Tundra über den Permafrostboden werden Polarbären in ihrem natürlichen Habitat beobachtet und meistens ausgiebig fotografiert. Und mit viel Glück kommen die Eisbären auch direkt an der Lodge vorbei.
Der Anbieter Frontier North Adventures hat den legendären Tundra Buggy erfunden. Es ist das einzige Gefährt, das direkte Zufahrt zum Eisbär-Areal hat, in das nur bestimmte Fahrzeuge mit Erlaubnis fahren dürfen. Es gibt entweder die Möglichkeit eine Tagestour mit den Buggys zu buchen und Eisbären zu beobachten. Oder man ergattert einen der wenigen Plätze in der Tundra Buggy Lodge, bei der sich neben Eisbären auch die Nordlichter wunderbar beobachten lassen.
Der Eisbär als Symbol des Klimawandels
Aber daran haben wir uns auch schon satt gesehen, behauptet Adam Corner vom Climate Outreach in Oxford. Wenn wir etwas gegen den Klimawandel tun wollen und die Menschen aufwecken möchten, so sagt er, sollten wir keine Bilder von Eisbären auf Eisschollen als Symbolfoto zeigen. Denn der Mensch ist dem Eisbär überdrüssig. Natürlich ist der Bär der Botschafter einer miserablen Botschaft: Wir zerstören unseren Planeten. Um diesen zu retten, müssen wir alle an einem Strang ziehen. Schade, dass Donald Trump das noch nicht begriffen hat.