Ein Besuch auf den Toronto Islands, einer perfekten Sommerfrische auf der anderen Seite der Stadt. Von Jörg Michel
Es ist ein bollenheißer Tag in Toronto. Zwischen den glitzernden Bürotürmen im Börsenviertel steht die Luft, am Eaton Centre flimmern die Bürgersteige, im St. Lawrence Market an der Front Street pusten die Klimanlagen mit aller Kraft. Höchste Zeit also für eine Erfrischung – und die liegt vor der Haustüre.
Raus aus der Stadt ab auf die Toronto Islands
Mit einer Fähre geht es vom Terminal an der Ecke Queen’s Quay und Bay Street in 15 Minuten flugs rüber auf die Toronto Islands, ein paar zerklüfteten Inseln aus Dünen, Gräsern und Wäldern. Ward’s, Algonquin, Hanlan, Centre, Forestry oder Muggs heißen die kleinen Inselchen, die über Stege, Wege und Brücken miteinander verbunden sind und vor der Downtown liegen wie eine sichelförmige Sandbank im Ontario-See.
Die Islands sind Toronto’s populärste Sommerfrische – und eine Oase der Ruhe für Einheimische und Gäste aus aller Welt. Über eine Millonen Menschen machen sich jedes Jahr mit Picknickkörben, Strandtüchern und Sonnencreme auf die Überfahrt – oder sie paddeln mit dem Kajak oder Kanu kurzerhand hinüber.
Spass und Strand: Centre Island
Schon auf dem Wasser sorgt ein frischer Wind für Abkühlung. Vom Fähr-Dock auf Centre Island habe ich einen super Blick zurück auf den CN Tower und die Skyline von Toronto. Auf den Wellen wippen Segelboote und Jachten. Im Park nebenan sitzen Familien mit Kindern unter Bäumen im Schatten und genießen die leichte Brise.
An den Stränden geht es lebhaft zu: Am Hanlan’s Point, einem von nur zwei offiziellen Nacktbadestränden in Kanada, genießen Sonnenanbeter die pure Freiheit. Die Farben des Regenbogens scheinen hier unübersehbar – auch bei 35 Grad plus. Man trifft Hippies beim Yoga, Alt-68er beim Boule, Gay-Pärchen am Strand.
Kinderfreundlich und trubelig zeigt sich der Manitou Beach auf Centre Island. Ein paar Schritte weiter lockt ein kleiner Vergnügungspark Jung und Alt, inklusive Wasserrutsche, Karussell und einer Achterbahn. In einem Streichelzoo warten Ziegen, Meerschweinchen und Alpaka-Schafe auf Streicheleinheiten.
Klassisch schön: Ward’s Island
Auf Ward’s Island setze ich mich mit einem kühlen Drink ins Island Café auf einen Liegestuhl. Zum Lunch gibt’s Grünkohlsalat mit gerösteten Mandeln. Super frisch! Populär ist auch der Wochenend-Brunch auf der hauseigenen Terrasse mit Blick auf pittoreske Holzhäuschen, üppige Gemüsebeete und grüne Vorgärten.
Hier spürt man noch den Charme der Gründerjahre Kanadas, als Wohlhabende auf den Inseln einst ihre viktorianischen Sommerhäuser bauten. Heute ist der Zuzug begrenzt und streng geregelt. Rund 700 Menschen leben noch auf den Toronto Islands, die sich in ihrer weitesten Ausdehnung über rund acht Kilometer erstrecken. Zusammengenommen sind sie die größte autofreie Gemeinde in Nordamerika.
Mit einem Mietfahrrad geht es zurück zum Pier. Zunächst auf einem Holzbohlenweg am Ufer, später auf einem Spazierweg. Es geht durch ein kleines Vogelschutzgebiet, vorbei an Tennisplätzen, einer kleinen Kirche, einem Künstlerhaus am Meer. Darüber thront der Gibraltar Leuchtturm von 1808, eines der ältesten Gebäude in Toronto.
Mittlerweile ist Abend angebrochen und die letzte Fähre zum Festland ist weg. Also rufe ich ein Wassertaxi, was nicht lange auf sich warten lässt. Die Sonne ist hinter den Wolkenkratzern verschwunden, in den Bürotürmen an der Yonge Street brennt noch Licht. Die Luft ist kühl und frisch. Ein perfekter Sommertag geht zu Ende.
Info
Fähren: Es gibt drei Fährlinien von der Downtown auf die Toronto Islands – nach Centre Island, Hanlan’s Point und Ward’s Island. Ein Rückfahrtticket kostet derzeit $7,50. Den Fahrplan gibt’s hier
Fahrrad: Es ist auch zu empfehlen sich ein Fahrrad zu mieten, um damit die autofreie Insel zu entdecken. Infos hier.
Kajak: Wer mit dem Kajak zu den Inseln paddeln will kann im Sommer Boote nebst Ausrüstung anmieten. Auch geführte Touren zu den Inseln werden organisiert. Infos hier.
Essen & Trinken: Zu empfehlen sind das Island Café auf Ward’s Island, saisonal geöffnet, relaxte Karte und günstig im Preis. Ebenfalls auf Ward’s Island bietet sich das Rectory Cafè an, untergebracht in einem alten Pfarrhaus mit Blick auf’s Wasser. Die Küche ist gehoben und das ganze Jahr über geöffnet.