In den Northwest Territories gibt es mehr Rentiere als Ampeln, und statt Glitzer und Glamour fährt hier ein Eisbär durch die Gegend – zumindest in Form eines ikonischen Nummernschilds. Das Eisbär-Kennzeichen ist kein gewöhnliches Blechstück, sondern eine kleine Legende. Wie es dazu kam? Eine Geschichte zwischen Pioniergeist, Provinzstolz und einem Schuss kanadischem Humor.
Als in den 1940er-Jahren die ersten Autos durch die Wildnis der Northwest Territories holperten, hatten ihre Nummernschilder noch die Form von… naja, Nummernschildern eben. Rechteckig, funktional, unspektakulär. Fahrzeuge waren damals tatsächlich wesentlich seltener als echte Eisbären aus Fleisch und Blut, und die Straßen bestanden meist aus festgefahrenem Matsch.

Erst mit dem Bau des Mackenzie Highways in den 1960ern wurde es voller. Da wurde es also auch Zeit für ein Upgrade – nicht nur der Infrastruktur, sondern auch des Designs.
1970: Der große Auftritt des Eisbärs
Zum 100-jährigen Bestehen der Northwest Territories wagte sich die Regierung an ein echtes Statement. Weg mit den langweiligen Rechtecken! Stattdessen: Ein Kennzeichen in Form eines Eisbären. Ausgedacht hat sich das Ganze Stuart Hodgson, damals Kommissar des Territoriums. Das erste Eisbär-Kennzeichen kam mit blauem Hintergrund, weißen Zahlen und ordentlich Wiedererkennungswert daher. Schild Nummer 1? Natürlich für Hodgson selbst reserviert.

Und obwohl sich Nordamerika schon 1957 auf einheitliche Maße für Nummernschilder geeinigt hatte – von der Form war nie die Rede. Der Eisbär passte ins Raster, war aber alles andere als gewöhnlich. Das blieb auch anderen nicht verborgen: 1970 wurde das tierische Design prompt als „Nummernschild des Jahres“ ausgezeichnet.
Farbspiel und Slogan-Show
Seither hat sich das Eisbär-Kennzeichen immer wieder neu erfunden. Mal mit gelbem Rand zur Feier der Royal Canadian Mounted Police, mal mit dem Slogan „Explore Canada’s Arctic“ in sattem Blau-Weiß. Jede Version ein kleines Stück bärenstarke Territorialgeschichte.
Auch Motorradfans bekamen ab 1984 ihre Mini-Eisbären – nach einer Petition versteht sich. Heute zieren die kleinen Schilder rund 1.500 Motorräder in den Northwest Territories. Und etliche Wände von Kanada-Fans weltweit. (Die Redaktion hat auch zwei!)

Der große Eisbärenstreit
1999 kam es zum tierischen Patt: Nunavut wurde von den Northwest Territories abgespalten – samt Großteil des natürlichen Eisbär-Reviers. Doch wer sollte nun das Recht auf das berühmte Kennzeichen haben? Die kreative (wenn auch nie umgesetzte) Idee: Ein jährliches Hockeyturnier sollte es richten.
Letztlich gewann das Urheberrecht – und die Northwest Territories durften das Design behalten. Nunavut führte 2012 sein eigenes Schild ein: rechteckig, aber immerhin mit Eisbär, Inuksuk und Polarlicht.
Eisbär-Kennzeichen
Heute ist das Eisbär-Kennzeichen weit mehr als nur ein Hinweis auf Halter und Herkunft. Es ist ein Statussymbol für Sammler, ein Souvenir für Reisende und ein Statement für alle, die sich ein bisschen nordkanadische Wildnis nach Hause holen wollen. Ob an der Wand eines Cafés in Yellowknife oder im Keller eines Auto-Nerds in Berlin – das Schild hat Kultstatus.

Mit jeder Sonderedition, wie zur Eröffnung des Inuvik-Tuktoyaktuk-Highways, wächst seine Fangemeinde. Und wer zufällig durch die Northwest Territories fährt, begegnet dem Eisbären immer wieder – ohne Gefahr für Leib und Leben, aber mit großer Symbolkraft.
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