Ein kleiner Polarbär im Wapusk Nationalpark, Kanada AndreAnita/Shutterstock.com

Die tollsten Nationalparks im Norden

Die Nationalparks in Nordkanada sind atemberaubend. Viele faszinieren durch riesige Eisflächen, imposante Gletscher und beeindruckenden Tierbegegnungen. Das schönste jedoch ist die Ruhe. Touristenströme sind hier nicht an der Tagesordnung. Dafür kann die Anreise etwas komplizierter, zeitaufwendiger und kostspieliger sein. Hier meine Favoriten:

Rich Stapleton

Kluane, Yukon

Man sagt, Kluane sei die Seele des  Yukon  Territoriums. Warum? Die Antwort liegt spätestens bei dem Anblick der gewaltigen Berggipfel und den Gletscher auf der Hand. Spätestens aber, wenn ein Grizzlybär durch die Szenerie wandert, ist die Antwort klar. Weitläufige Eisfelder bilden das Herz des Parks, umringt von einem der mächtigsten Bergmassive der Welt, dem Mount Logan. Mit seinen 5.959 Metern ist er auch der höchste Berg Kanadas.

CTC

Der Kluane National Park Reserve ist  tierisch gut. Beispielsweise ist hier die genetisch vielfältigste Population an Grizzlybären zu Hause. Auch Dallschafe, Schneeziegen und Schneeschuhhasen fühlen sich neben Luchsen, Wölfen und Elchen in den einsamen Weiten des Nationalsparks heimisch. Doch nicht nur seltene Tiere, sondern auch selten anzutreffende Völker sind in der entlegenen Wildnis beheimatet: Die Southern Tutchone sind ein Volk, das nomadisierend von der Jagd lebt.

Greg Sellentin

Von Haines Junction, wo das Besucherzentrum liegt, ist der Park bequem mit dem Auto über befestigte Highways zu erreichen. Am besten aber, und das ganz simpel, erkundet man den Park bei einem Spaziergang oder einer Wandertour. Nur so beginnt man die Unendlichkeit zu spüren und zu verstehen, wieso sie hier zu Hause ist, die Seele Yukons.


Nahanni Natrualist Lodge

Nahanni, Northwest territories

Für erfahrene Paddler ist der South Nahanni River wohl dasselbe wie für Bergsteiger der Mount Everest – abgelegen, faszinierend und zauberhaft. Gleichzeitig aber auch geheimnisvoll und mystisch, weil es in Nahanni viele Legenden von Gold, Mord und kopflosen Männern gibt. Faszinierend wegen den Überlieferungen von tropischen Gärten und Dene-Geistern, die angeblich in den heißen Quellen leben. 1928 paddelte der amerikanische Abenteurer Fenley Hunter den South Nahanni River hinauf auf der Suche nach einem Wasserfall aus einer Legende der Dene. Auf halber Strecke aber schrieb er, dass es unmöglich sei ,Nahanni zu erreichen. Unzählige Stromschnellen würden die Überquerung des Flusses unmöglich machen.

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Einige Jahrzehnte später sind mehrtägige Kanu-, Kajak- und Raftingtouren die Hauptattraktionen des Nahanni National Park Reserve. Hunter hatte also Unrecht. Zumindest zum Teil, denn so handzahm sind die Gewässer dann doch nicht. Flussfahrten sind nur für ausgebildete Paddler oder eben in Begleitung lizenzierter Ausrüster empfohlen. Zu erreichen ist der Park über den Mackenzie Highway. Eine wesentlich kürzere und vor allem aufregendere Anreise genießt man aber per Wasserflugzeug zum Fluss.

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Malerisch erstrecken sich die 30.000 Quadratkilometer Wildnis, von Eisfeldern und Bergen über alpine Tundra bis hin zu borealen Wäldern. Auch Wasserfälle doppelt so hoch wie die Niagarafälle lauern in den Tiefen des Nationalparks, die Virginia Falls. So unbeschreiblich schön und magisch das Fleckchen Erde klingen mag, sollte man sich hier die beste Reisezeit unbedingt vormerken. Denn reist man vor Juni an, ist das Risiko auf schlechtes Wetter sehr hoch. Die beste Reisezeit liegt zwischen Juni und August, wenn wilde Flüsse drauf warten erkundet zu werden und magische Wesen vielleicht doch ihr Unwesen treiben. 


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Wood Buffalo, Alberta

Der Wood Buffalo National Park ist ein Nationalpark der Superlative. Mit einer Fläche größer als die Schweiz ist er der weitläufigste Nationalpark Kanadas. Auch befindet sich mit dem Peace-Athabasca-Delta im Süden des Parks eines der weltweit größten Süßwasserdeltas im Wood Buffalo. Als ob das nicht schon genug wäre, hat der kanadische Ökologe Jean Thie 2007 den bisher längsten bekannten Biberdamm der Welt gefunden. Doch die Besonderheiten des Parks sind noch weitreichender.

Hier lebt nämlich eine der letzten großen wildlebenden Bisonherden. Ein besonderer Anblick, wenn zehntausende Waldbisons über die Grünflächen des Parks streifen. Besonders ist auch die Tatsache, dass im Sommer Schreikraniche in den borealen Wäldern brüten. Dies ist der letzte noch existierende Schwarm dieser Zugvögel. Das Areal unterliegt den Ramsar-Konditionen, deren Schwerpunkt der Schutz gefährdeter Lebensräumen von Zugvögeln ist.

CTC

Das können wir noch toppen. Seit 2013 zählt der Nationalpark auch noch zum größten Lichtschutzgebiet der Welt. Und im Südwesten der Kleinstadt Fort Smith, wo sich Hunderte von Höhlen, Dolinen und Karstquellen befinden, erstreckt sich das bedeutendste Gipskarstgebiet Nordamerikas. In Forth Smith befindet sich auch einer der beiden Haupteingänge des Parks (anderer in Fort Chipewyan). Highways, teils heftige Schotterstrecken, erleichtern die Fahrt. Aber Achtung, mitunter überqueren Bisons oder Schwarzbären die Straße.


Jennifer Latuperisa-Andresen

Wapusk, Manitoba

Müsste man sich auf ein Wort beschränken, um den Wapusk National Park zu beschreiben, würde die Entscheidung sicherlich auf Eisbär fallen. Der Nationalpark macht seinem Namen nämlich alle Ehre. Wapusk bedeutet in der Sprache der Cree »weißer Bär«. Und davon gibt es in der verschneiten Gegend reichlich.

AndreAnita/Shutterstock.com

Ende Februar ist die Zeit, um die drei Monate alten Eisbärenjungen zu beobachten, wie sie zum ersten Mal die verschneite Umgebung erkunden – stets unter den wachsamen Augen ihrer Mütter. Anfang November folgt ein weiteres Highlight im Eisbären-Kalender, wenn sich Polarbären an der Hudson Bay versammeln und darauf warten, über das frische Eis zu wandern. Denn dann heißt es Robben jagen und Fettreserven anfressen.

Doch nicht nur Eisbären haben sich mit der Zeit im Wapusk National Park in Manitoba eingenistet. Immer mehr zunehmend seltene Vogelarten suchen an der Küste Zuflucht. Mehr als 250 Spezies weist das Habitat mittlerweile auf. Eisbären oder Vögel beobachten? Hier muss sich nicht entschieden werden.


NFL Tourism/Barrett und MacKay

Torngat Mountains, Neufundland Labrador

 

Der Torngat Mountains National Park war ein Geschenk der Inuit an den Staat Kanada. Und dieses Geschenk steckt noch heute voller Geschichte und Hingabe. Benannt wurde der Park nach Torngarsoak, dem mächtigsten aller Geister der Inuit-Mythologie. Ein Ort der Geister also.

Chris Sampson

Die Anreise in den abgelegenen Park in Labrador folgt per Charterflug oder Schiff, Straßen gibt es keine. Umso beeindruckender wirken die übernatürlich blau leuchtenden Eisberge vor der grünen Kulisse des Landes wo mit etwas Glück Eisbären ihre Runden drehen. Für die Inuits bedeutet dieses Fleckchen Erde Heimat. Ein Gespräch mit einem aus der Region stammenden Führer lohnt sich also. Wer will, kann sogar selbst mit anpacken – ob beim Häuten eines Karibus, beim Beerenpflücken oder beim Angeln des Arktischen Saiblings.

NFL Tourism

2010 haben lediglich 450 Besucher das Parkgelände betreten. Touristenwellen begegnen einem hier nicht, doch sollte man genug Zeit einplanen für eine Reise in die Torngat Mountains. Die Anreise nämlich ist zeitaufwendig, dafür das Erlebnis umso beeindruckender. Ob da die Geister ihre Finger im Spiel haben?


Manuel Lacoste/Shutterstock.com

Auyuittuq, Nunavut

Je nördlicher man den kanadischen Nationalparks kommt, desto komplizierter werden anscheinend ihre Namen: der Auyuittuq liegt im Nordosten Kanadas und zählt zu dem kostengünstigsten und am besten zugänglichen Park in Nunavut. Von Iqaluit gibt es tägliche Linienflüge in die Gemeinden Pangnirtung oder Qikiqtarjuag, die  Zugang zum Park bieten.

 Der von Gletschern geformte Park besteht zu 85 % aus Fels und Eis. Schwierige Gelände also, kantig und rutschig, doch sind es Traumziele eines jeden Kletterers. Thor Peak und Mount Asgard genießen weltweite Bekanntheit.

Jennifer Latuperisa-Andresen

Faszinierende Landschaften zieren den Akshayak-Pass, der eine natürliche Route durch den Park bietet. Eindrucksvolle Gletscher und Gipfel schmücken die Route, begleitet von einer Vielzahl an Flüssen und Seen. Mit etwas Glück kann man sogar in einer Inuit-Familie unterkommen. In ihrer Sprache bedeutet Auyuittuq »das Land, das niemals schmilzt« Betrachtet man die imposanten Eiswände und Gletscherformationen, mag man der Aussage auf jeden Fall Glauben schenken.

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