Julien Sarazin

Ottawa: Ahornkekse, Biberschwänze & Bienenstich

Da freut sich der Gaumen! Ein Spaziergang über den Byward Market in Ottawa ist ein Erlebnis für die Sinne. Von Jörg Michel

Auf ein Bierchen

Es ist kurz nach fünf, in The Laff ist die Hölle los. Am Tresen stehen Herren in Anzügen und weißen Hemden. Sie haben ihren obersten Hemdknopf geöffnet, den Krawattenknoten gelockert und trinken ein Pint Draft. Eine Mitarbeiterin des Parlaments hat sich mit einem Guinness in eine Ecke zurückgezogen und tippt eifrig auf ihrem Smartphone.

Es ist Feierabend in Ottawa: Seit das einstige Holzfällerdorf 1857 zur Hauptstadt Kanadas erklärt wurde, treffen sich die Wichtigen und weniger Wichtigen nach der Arbeit gern im The Laff (42 York Street) zum Bier. Der älteste Pub Ottawas ist eine echte Institution im Szeneviertel rund um das Marktgelände. Kanadas erster Premierminister Sir John A. MacDonald soll hier einst seinen Durst gelöscht haben, sogar die junge Queen Victoria wurde angeblich hier gesehen.

Restaurant an Restaurant am Byward market

Heute haben sich mehr als 120 weitere Restaurants und Kneipen im und rund um den historischen Byward Market  angesiedelt, einen der ältesten Märkte in Kanada. Farmer und Handwerker bieten an 175  Ständen ihre Produkte an. Hier gibt es das frischeste Obst und Gemüse der Stadt, die besten Bäcker, Metzger und Köche. Dazu Cafés, Straßenmusiker und Artisten. Meine Tipps für Euren Gaumenschmaus:

Moulin de Provence, 55 Byward Market Square: Nirgendwo in Ottawa gibt es besseres Brot und bessere Baguettes. Dazu französische Spezialitäten wie Nusscroissants, Zitronen-Tartes oder Quiches. Sprichwörtlich weltberühmt sind die rot glasierten Ahornkekse, seit Barack Obama bei seinem ersten Staatsbesuch in Ottawa 2009 höchstselbst hier vorbei kam, um das bunte Naschwerk für seine Töchter Malia und Sasha einzukaufen.

Beaver Tails, 69 George Street. Die frittierten Teilchen im Namen des Bibers gehören zu Ottawa wie der Wachwechsel am Parlament oder der rot uniformierte Polizist. Kein Besuch geht ohne! Serviert werden die süßen Teigtaschen heiß, Kalorien gibt es in der Hauptstadt bekanntlich keine. Einst hier am Market gegründet, finden sich Beaver-Tails-Frittierstuben mittlerweile auch in den USA, Korea, Japan und den Emiraten!

Origin Trade, 111 York Street: Mehr als nur ein cooler Coffee Shop. Tagsüber haben Liebhaber von Americanos und Lattes hier das Sagen. Abends verwandelt sich der mit roten Ziegeln verkleidete Laden in eine Late-Night-Lounge mit DJ und Club-Musik, am Wochenende bis tief in die Nacht hinein. Das Craft Bier kommt von lokalen Brauereien, die Pinots von Winzern aus Ontario, der frische Käse vom Markt von nebenan.

Lapointe Fish, 46 Byward Market Square: Mehr Erfahrung geht kaum, denn dieser Fischladen ist so alt wie das Land Kanada: 150 Jahre! Ob Wildlachs aus dem Atlantik, arktischer Saibling aus dem Eismeer oder Tunfisch aus dem Stillen Ozean, bei Familie Vivian gibt es kaum etwas, was es nicht gibt. Ein paar Schritte weiter im kleinen Lapointe Restaurant der York Street werden die Köstlichkeiten sogleich an Ort und Stelle frisch zubereitet. Die Sushi sind zum Reinlegen!

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Courtyard, 21 George Street: Das französische Bistro liegt in einem jener berüchtigten Hinterhöfe Ottawas, in dem man es mit dem Gesetz einst nicht so genau nahm. Bis ins 19. Jahrhundert wurden hier sogar öffentliche Hinrichtungen vollzogen. Heute geht es gesitteter zu. Die Restaurantterrasse zwischen historischen Gemäuern gehört zu den populärsten der Stadt. Unschlagbar ist der Fischeintopf mit gerösteten Jakobsmuscheln und pochiertem Hummer.

 

Das Lokal, 190 Dalhousie: Nur ein paar Schritte weiter gibt’s internationale Küche mit deutschem Akzent. Chef Robert Fuchs hat beim Hilton Hotel in Berlin gelernt, seit ein paar Jahren bringt er hier Gerichte »made in Germany«  auf die Karte. Wo sonst in Ottawa findet man Rouladen mit Spätzle? Oder Bienenstich? Super sind auch die kanadischen Originale wie Miesmuscheln von Prince Edward Insel. Dazu passt Grüner Veltiner aus Wien.

 

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