Es gibt kaum ein Plätzchen auf Erden, dass so sehr mein Herz berührt wie Neufundland. Es sind die schiefen Holzhäuschen an den Küsten. Der wütende Wind, der manchmal gnadenlos über die raue Landschaft zieht, die Elche, die dösig knietief im Morast stehen und die Eisberge, die majestätisch vorbei gleiten. So könnte ich noch stundenlang fortfahren, in einem verliebten Unterton.
Hier sind die sieben offensichtlichen Naturwunder, warum Neufundland auf jede Bucketlist und in jede Reiseplanung gehört. Ich garantiere Euch: Es ist herzergreifend schön.
Tierisch gut: der Gros Morne Nationalpark
Tiefblaue Fjorde, sattgrüne Hügel, marskarge Flächen und nebelige Bergformationen erstrecken sich über die 1.805 Quadratkilometer des erstaunlichen Nationalparks. So vielfältig wie die Landschaft ist auch die Tier-und Pflanzenwelt der Region. Bei der Erkundung des Gros Morne sollte auf jeden Fall immer die Suche nach dem Karibu »mitwandern«.
Die bis zu zweihundert Kilogramm schweren Tiere können auf dem hügeligen Gebiet oft in Herden mit bis zu vierzig Tieren gesichtet werden. Wer sich unter einem Karibu nichts vorstellen kann, kein Wunder. Denn die kanadischen Karibus sind nichts anderes als die uns bekannten Rentiere. Übersetzt bedeutet Karibu »der mit der Pfote scharrt«. Eine ziemlich passende Beschreibung finden wir. Eines der Tiere zu sehen gilt als Besonderheit, da die Karibus eigentlich eher in der hohen Arktis beobachtet werden.
Die Begegnung mit Elchen ist dagegen sehr wahrscheinlich. Beispielsweise auf dem Weg zum Western Brook Pond. Der führt durch eine Sumpflandschaft, in die die Elche insbesondere zur Abenddämmerung gerne steigen. Der Mensch hingegen steht derweil im sicheren Abstand auf dem Holzpfad und kann vergnügt die Kamera zücken. Ach ja, mit viel Geduld und Ausdauer können im Gros Morne Nationalpark auch Luchse, Schwarzbären und Weißkopfseeadler gesichtet werden.
Wo sich die Erde nach außen stülpt
Die sogenannten Tablelands gehören ebenfalls zum Gros Morne Nationalpark. Sie sind aber derart bedeutend, dass sie dringend extra erwähnt werden müssen. Fährt man beispielsweise von den sattgrünen Hügeln auf die Tablelands zu, ist der Anblick kaum zu glauben. Wie aus dem Nichts hören Pflanzen auf zu wachsen, und der Untergrund verwandelt sich in eine Mischung aus Geröll und einer ockergelb-grünlichen Gesteinsschicht.
Tatsächlich wird das Ganze noch unwirklicher, wenn man weiß, wo man sich hier befindet: Auf einer 460 Millionen Jahre alten Erdkruste, die durch eine Plattenverschiebung aus zehn Kilometern Tiefe an die Oberfläche geriet. Durch die Gesteinsschicht aus Peridotit ist es Pflanzen unmöglich zu gedeihen. Einzig an kleinen Flussläufen und feuchten Senken wachsen Humus und ein paar fleischfressende Pflanzen.
Puffin-Party
Die Gegend bei Elliston hat einen ganz besonderen Starbewohner: den Puffin, bei uns Papageientaucher genannt. Er macht die Insel Bird Island Cove in der Nähe von Bonavista zu einem der beliebtesten Ziele in Neufundland. Kein Wunder, der niedliche Pinguin-Papageien-Mix ist einfach nur ulkig. Ein bisschen wie aus einem Comic entsprungen sieht er aus, wenn er sich behäbig mit dem bunten Papageienschnabel aus dem Wasser erhebt, als hätte er zu viel gegessen.
Was erst aussieht wie ein lustiger Pinguin, fliegt im nächsten Moment hoch und stürzt sich ins Wasser. Bis zu sechzig Meter tief tauchen sie auf der Suche nach Fischen! Ein Comicpinguin, dessen Superkraft das Fliegen ist? Da hat sich die Schöpfung wohl einen Scherz erlaubt. Wie auch immer, die kleinen Wesen tummeln sich auf Felsen und Grünflächen und stehen gerne Motiv für ein Foto. Auch tolle Fotos kann man von den Buckelwalen der Gegend machen. Dafür muss man sich einfach aufs Boot schwingen oder die Küste entlang wandern. Denn das Bonavista Peninsula ist wirklich eine »Wal-fahrtsort«.
Im schönsten Nirgendwo
Ganz weit oben auf der Liste der magischsten Orte der Welt ist dieser Nationalpark im Norden Labradors. Keine Straßen, keine Dörfer, kaum Menschen. Der Torngat Mountains sieht ein bisschen aus wie das Ende der Welt. Es ist ein Ort, an dem die Stille einem die Sprache verschlägt. Es gibt eine Forschungsstation, und wir wissen, wo es eine Forschungsstation gibt, gibt es meist sonst nicht viel.
Doch Achtung, in den Torngats gibt es reichlich Wildes zu entdecken. In den Sommermonaten kann die Forschungsstation besucht und die Gegend mit einem Guide erkundet werden. Tausend Meter hohe Gletscher, karge Berge und kaum ein Baum. Doch genau dieser einsame Ort ist Lebensraum vieler Tierarten. Rund 250 Eisbären leben im Torngart Mountains Nationalpark. Mit etwas Glück kann man die weißen Riesen aus sicherer Distanz beobachten. Mit einem kleinen Boot geht es über die tiefblauen Fjorde zum Angeln oder Zwergwalbeobachten. An den Ufern können schon mal Elche, Karibus und sogar Schwarzbären oder Moschusochsen gesichtet werden. Wildlife pur!
Walheimat
Überall in Neufundland und Labrador gibt es die Kleinen und die Großen. Grau, blau, schwarz – sogar gesprenkelt. Über zweiundzwanzig Wal- und Delfinarten leben vor der schroffen Küste. Dazu gehört die weltweit größte Population von Buckelwalen, Orcas und Delfinen. Besonders nah erleben kann man die Riesen an der Nordspitze Neufundlands auf Quirpon Island. Übernachtet man im Quirpon Lighthouse Inn, kann man sozusagen morgens mit dem Kaffee in der Hand mit einem Wal im Blick den Tag begrüßen.
Richtig toll wird es, wenn man mit dem Kanu um die Eisberge paddelt oder ein Wal auftaucht. Das ist so unwirklich, dass man den Moment niemals vergessen wird.
Am Kap der vielen Vögel
Vögel, Vögel und noch mehr Vögel. Der südlichste Brutplatz der Erde am Cape St. Mary’s ist bevölkert mit schreienden, tauchenden, fliegenden und natürlich brütenden Vögeln. Möwen, Murren, Tordalk, Schwarzfuß-Katzenmöwen, nördliche Basstölpel, Kormoranen, Adler und Fischadler.
Hier wuselt und flattert es, dass man nicht weiß, wohin man schauen soll. Unglaubliche 35 Millionen Seevögel sind in Neufundland zu Hause. Kein Wunder, bei dieser Landschaft. Die smaragdgrünen Klippen werden durch sechzig Meter hohe Steilküsten vom saphirblauen Wasser getrennt. Der perfekte Ort zum Nisten.
Eis, Eis, Baby
In der Sonne funkeln sie wie Kristalle, bei seichtem Wellengang reflektieren sie im Wasser und lassen erahnen, welches Ausmaß sich unter der Wasseroberfläche verbirgt. Eisberge sind faszinierend und super fotogen. Wer das genauso sieht, sollte sich Twillingate notieren, die Hauptstadt der Eisberge.
Das kleine Fischerdorf ist außerhalb der Eisberg-Saison, die von April bis Juli stattfindet, ein wunderbares Outdoor-Abenteuerziel. Mit einem Kanu umherpaddeln, die felsigen Küstenpfade entlangwandern oder wilde Beeren auf dem Weg zum malerischen Leuchtturm sammeln. Und für Sportmuffel empfiehlt sich: einfach ans Ufer setzen und Wale beobachten. Wer gerne Fisch ist, ist hier natürlich auch perfekt aufgehoben. Der Kabeljau landet direkt aus dem Wasser auf dem Teller. Naja fast – zum Glück.