Julie Payette flog einst zur Internationalen Raumstation ISS. Heute ist sie die Vertreterin ihrer Majestät in Kanada und damit die ranghöchste Person im Land.
Von Jörg Michel
Schon mal von Julie Payette gehört?
Nein? Da geht es dir wie wahrscheinlich vielen Leuten außerhalb Kanadas. Sogar eingefleischte und weitgereiste Kanada-Fans schütteln bei dem Namen Payette erstmal den Kopf. Zeit also, mal genauer hinzusehen.
Denn Julie Payette ist in Kanada eine wichtige Frau, eine sehr wichtige sogar. Payette ist die Generalgouverneurin und damit die ranghöchste Person in Kanada. Nur noch die Queen steht über ihr. Doch die wohnt ja bekanntlich weit weg in London, weswegen Payette an ihrer Stelle die Geschäfte als Staatsoberhaupt wahrnimmt. Als Vertreterin ihrer Majestät.
Kanadas Vizekönigin
Vereinfacht könnte man sagen, Payette ist so etwas wie die Vize-Königin von Kanada und als solche steht sie protokollarisch sogar noch über Justin Trudeau, dem poppigen Premierminister. An ihr führt laut der Verfassung in Kanada kein Weg vorbei: Payette ist die Oberbefehlshaberin der Streitkräfte, sie muss alle Gesetze unterzeichnen, sie ernennt den Premierminister.
Im Ausland ist Payette nicht ganz so bekannt, weil ihr Posten mehr repräsentativer Natur ist und die wahre politische Macht bei Justin Trudeau liegt. Im Grunde geht es ihr also ähnlich wie dem deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Der steht protokollarisch an der Spitze des Staates, im Alltag aber ist die Kanzlerin politisch einflussreicher.
Eine echte Power-Frau
Trotzdem lohnt es sich, Julie Payette im Auge zu behalten. Denn die 54-Jährige aus Montréal, die Anfang Oktober neu ernannt wurde, ist mehr als nur die 29. Generalgouverneurin Kanadas seit der Unabhängigkeit des Landes vor 150 Jahren. Payette ist eine beeindruckende Persönlichkeit mit einer noch beeidruckenderen Karriere.
Das liegt vor allem an ihrem gelernten Beruf. Payette ist Informatikerin und war vor ihrem Job in der Politik die bekannteste Astronautin ihres Landes. In Kanada gilt sie als Heldin, seit sie 1999 an Bord der „Discovery“ als erste Kanadierin überhaupt zur internationalen Weltraumstation ISS flog. Zwanzig Jahre später war sie ein zweites Mal dort.
Mut kombiniert mit ruhiger Hand
Ihre Mission im All war eine wichtige, wie auch gefährliche: Payette gehörte zu jenen Pionieren, die dabei halfen, die damals noch nicht bewohnte Raumstation aufzubauen. In der Kabine der Raumfähre bediente sie den bordeigenen Roboterarm, mit dem man Weltraumspaziergänge steuert. Es war ein Job für den man Mut, aber auch eine ruhige Hand benötigt.
Die hat sie. Das beweist Payette auf vielen Feldern, auch in der Musik. Denn Payette spielt exzellent Klavier. Richtig gut singen kann sie auch. Lange hat sie zum Beispiel im Kammerchor des Symphonieorchesters von Montréal mitgemacht. Privat liebt sie das Leben draußen. Sie fliegt gern, sie taucht, sie rennt, sie fährt Ski. Ganz schön sportlich also.
Sechs Sprachen! Sechs!
Auch auf internationalem Parkett ist sie bewandert. Payette hat lange in den USA, in Großbritannien und in der Schweiz gelebt und spricht sechs Sprachen fließend, darunter auch Deutsch und Russisch. Sie hat für IBM gearbeitet und für die Nasa und hat für ihre Verdienste um Kanada sage und schreibe 27 Ehrendoktorwürden angehäuft.
Für das Amt des Generalgouverneurs ist sie also prädestiniert wie nur wenige Persönlichkeiten. In Ottawa wohnt Payette in der Rideau Hall, dem Gouverneurspalast im Nobelviertel Rockcliffe Park. Auch dort kann sie es sportlich angehen lassen: Im palasteigenen Park kann man nicht nur gut Joggen. Dort gibt es sogar, ganz kanadisch, eine eigene Eislaufbahn!
Viele Erfolg im neuen Job, Julie Payette!