Schon mal Saskatoon besucht? Wenn nicht, dann wird es höchste Zeit! Die Stadt im Herzen der Prärieprovinz Saskatchewan ist groß im Kommen!
Von Jörg Michel
Wo willst du hin? Saskatoon?
Was um Himmels Willen willst du dort? Das fragte mich ein kanadischer Nachbar, als ich ihm erzählte, ich wolle nach Saskatoon reisen. Hm. Was ich dort wollte? So ganz klar war mir das selbst nicht. Ich wusste nur so viel: Ich war noch nie in Saskatoon gewesen. Und das obwohl ich seit über zwanzig Jahren durch Kanada reise, seit acht Jahren hier lebe und fast jede Region des Landes kenne.
Höchste Zeit also für ein verlängertes Wochenende in Saskatoon. Zumal die Leser der amerikanischen Zeitung USA Today die Stadt im Herzen der Prärieprovinz Saskatchewan erst vor kurzem unter die zehn besten Reiseziele in Kanada gewählt hatten – noch vor Montréal, den Niagarafällen und sogar Banff. Irgendwas musste das Städtchen also haben – und ich war neugierig, es herauszufinden.
Um es vorweg zu nehmen: Saskatoon hat mich überrascht.
Saskatoon gehört vielleicht zu den unterschätztesten Städten in Kanada. Wo sonst kann man sich schon in einem Drive-Thru frische Piroggen servieren lassen? Oder mit dem Kanu unter sieben Autobrücken hindurchfahren – und das mitten in der Stadt? Oder in einem Tipi übernachten? Ganz zu schweigen von den coolen Restaurants und Shops.
Saskatoon hat ein ganz eigenes Flair, irgendwo in der gesunden Mitte zwischen Weltmetropole und Präriekaff. Städtisch – aber nicht hektisch. Entspannt – aber nicht provinziell. Bodenständig – aber nicht piefig. Viele Expats, die Saskatoon in jungen Jahren aus Langeweile verlassen hatten, sind heute selbst überrascht, was aus ihrem einst als unscheinbar geltenden Städtchen am South Saskatchewan River geworden ist – und kehren zurück.
Die Neue Ess-Klasse
Einer von ihnen ist Dale MacKay, Chefkoch und Co-Besitzer von Ayden Kitchen and Bar. Nach diversen Stationen in Vancouver, Tokio, London und New York ist der preisgekrönte Chef seit fünf Jahren wieder in seiner Heimat Saskatoon angekommen und räumt mit seinem Trendlokal einen Award nach dem anderen ab. Seine panierte Diefenbaker-Forelle jedenfalls ist unschlagbar – und seine Tische sind manchmal über Tage ausgebucht.
Wie überhaupt die Foodie-Szene in Saskatoon mit dem Erfolg von Ayden geradezu explodiert ist – besonders im Trendviertel Riversdale an der 20. Straße. Zwei Beispiele: Im Odd Couple vermischen Vater und Sohn Yuen traditionelle und moderne Einflüsse zur kanadisch-asiatisch inspirierten Küche vom Feinsten. Im Primal zaubern die beiden jungen Chefs Christine Peters und Kyle Michael exzellente Pastagerichte, fast wie in Italien.
Saskatoon ist trendy
Und wo wir schon in Riversdale sind: Die Boutique Hardpressed ist ein echter Knüller! Hier haben junge Designer aus Saskatoon mit dem Provinzcode »SK« ein modernes Label geschaffen, das weit über die Stadt hinaus bekannt ist. Also habe auch ich mir dort ein neues T-Shirt gekauft mit einem Aufdruck, das zwei goldene Weizenbündel zeigt, die zu einem großen Herzen verwoben sind. Darunter steht »I love SK«.
Wie wahr! Denn Saskatoon ist irre im Kommen. Etwa in River Landing, direkt am Südufer des South Saskatchewan River, wo man allerlei Wassersportarten wie Paddle Boarding oder Wasserski ausprobieren kann. In dem Viertel leben die Jungen und Junggebliebenen und hier findet auch der Wochenmarkt statt, der Hipster mit Hippies, Millennials, Mennoniten, Aussteigern, Ökofarmern und Künstlern zusammenbringt.
Remai Modern – der neue Stolz
Ein paar Schritte weiter dann der architektonische Höhepunkt von Saskatoon: Das Remai Modern, ein supermodernes Museum für zeitgenössische Kunst. Der futuristisch-kubische Bau hat schon vor seiner Eröffnung diesen Herbst einen Architekturpreis nach dem anderen eingeheimst. Drinnen gibt es über vierhundert Linolschnitte von Pablo Picasso zu sehen, es ist die größte Sammlung dieser Art weltweit. Und das in Saskatoon!
Aja, gefeiert wird auch noch ausgiebig in Saskatoon. Ob Jazzfest, Folkfest oder Saskatoon Pride: Kaum sonst wo in der weiten Mitte Kanadas gibt es so viele Festivals wie hier. An meinem letzten Abend findet im Garten des Delta Bessborough, einem altehrwürdigen Luxushotel der Canadian National Railway am Flußufer, das Rock The River Festival statt. Frei nach dem Motto: E-Gitarre meets High Tea. Ganz schön cool, Saskatoon!